February 3, 2023
Von Cory Costantino
Unser Human Factors Research & Design (HFR&D)-Team vermittelt Kunden eine relativ einfache Botschaft: Wir unterstützen mit unserer umfassenden Erfahrung und unseren Fähigkeiten sämtliche Phasen eines nutzerorientierten Designprozesses. Ein solcher Prozess sieht wie folgt aus:
Selten hinterfragt ein Kunde die Grundprinzipien eines nutzerzentrierten Designprozesses, oder begreift die Prinzipien nicht. Daran zeigt sich, wie allgemein bekannt die Begriffe nutzerorientiertes Design und Gebrauchstauglichkeit mittlerweile sind. Auf dem Markt werden sie als Differenzierungsmerkmale erwartet und von Regulierungsbehörden vorausgesetzt. Trotz der Akzeptanz des nutzerorientierten Designs als Prozess bleibt eine gewisse Verwirrung, und es taucht immer wieder die Frage auf: „Was ist der Unterschied zwischen HFE, Gebrauchstauglichkeit, ID, UX (Nutzererlebnis) und UI?“
Einige dieser Begriffe sind durch Normen und regulatorische Beratung definiert und können somit von unserem Team entsprechend übernommen werden. Wenn dies jedoch nicht der Fall ist, verwenden wir eigene Definitionen, die an unserer Erfahrung ausgerichtet sind. Ziel ist es, nicht allzu dogmatisch zu verfahren, sondern stattdessen eine gewisse Variation und Überschneidung mit anderen Disziplinen zuzulassen. So stellen wir sicher, dass wir die Sprache unserer Kunden sprechen und uns auf das konzentrieren, worauf es ankommt: Probleme lösen und an der Gestaltung sicherer und effektiver Produkte mitwirken, die ihren Zweck erfüllen.
Dennoch vermittelt jeder Begriff seine eigenen Nuancen, auf die wir nachfolgend eingehen.
Human Factors Engineering (HFE)
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HFE wird auch als „Gebrauchstauglichkeits-Engineering“, „Ingenieurpsychologie“ oder einfach als „Ergonomie“ bezeichnet. Die am stärksten akzeptierte Definition von HFE im medizinischen Bereich stammt aus AAMI-HE75, wo der Begriff definiert wird als „die Anwendung von Wissen über menschliche (physische, sensorische, emotionale und intellektuelle) Fähigkeiten und Einschränkungen auf Design und Entwicklung von Tools, Geräten, Systemen, Umgebungen und Organisationen“. (ANSI/AAMI HE75:2009, Einführung)
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Im Rahmen dieser Definition kann HFE leicht mit nutzerorientiertem Design synonym verwendet werden. HFE scheint jedoch häufiger in FDA- und IEC-Leitlinien referenziert zu werden.
Gebrauchstauglichkeit
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Während HFE ein Substantiv ist, ist "Gebrauchstauglichkeit" ein Adjektiv. Laut FDA- und IEC-Leitlinien bezeichnet der Begriff „Gebrauchstauglichkeit“ die „Eigenschaft der BENUTZEROBERFLÄCHE, die für EFFEKTIVITÄT, EFFIZIENZ, schnelle Erlernbarkeit durch den BENUTZER und BENUTZER-Zufriedenheit sorgt“ (ISO/IEC 62366:2007, Definition 3.17)
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Usability.gov bietet eine konsistente, wenn auch weniger verbindliche Definition: „Wie effektiv, effizient und zufriedenstellend ein Benutzer mit einer Benutzeroberfläche interagieren kann“.
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Zu bemerken ist, dass ein Produkt gemäß der offiziellen behördlichen Leitlinie „Gebrauchstauglichkeit“ entweder besitzt oder nicht, wohingegen ein Produkt laut der zweiten Definition eine „gute“ oder „schlechte“ Gebrauchstauglichkeit haben kann.
Nutzererlebnis (UX)
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Ganz einfach ausgedrückt kann die Nutzererlebnis (UX), auf Deutsch auch als Nutzererlebnis oder Benutzererfahrung bezeichnet, definiert werden als „die Wahrnehmungen und Reaktionen eines Menschen bei der Verwendung und/oder voraussichtlichen Verwendung eines Produkts, Systems oder Service“. (ISO 9241-210). Der Begriff UX (d. h. UX-Design und UX-Forschung) hat jedoch wohl erst zu Beginn der Web- und Softwareentwicklung seine häufigste Bedeutung angenommen, als Teams mithilfe von entsprechenden Techniken und Methoden einen guten Designprozess in digitalen Räumen gewährleisten wollten. Die Definitionen von UX können jedoch allgemeiner gehalten sein:
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„Ein breit gefasster Begriff für mehrere Disziplinen, die die Auswirkung des Designs auf Benutzerfreundlichkeit und Zufriedenheit mit einem Produkt, einer Website oder einem System untersuchen“. (usability.gov)
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„Interaktionsdesign“ kann auf ganz ähnliche Weise definiert werden, und zwar als „Design der Interaktion zwischen Benutzern und Produkten“. In der Praxis gibt es jedoch Unterschiede. (interaction-design.org)
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Ob man es nun „UX“ nennt oder nicht – Don Norman und andere empfehlen eine ähnliche, ganzheitliche Ansicht: „Kein Produkt ist eine Insel. Ein Produkt ist mehr als das Produkt. Es ist eine zusammenhängende, integrierte Reihe von Erfahrungen. Denken Sie über alle Phasen eines Produkts oder einer Dienstleistung nach – von den ersten Absichten bis zu den letzten Überlegungen, von der ersten Nutzung bis hin zu Hilfe, Service und Wartung. Sorgen Sie dafür, dass sie alle nahtlos zusammenwirken.“ (jnd.org)
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Grob gesprochen ähnelt der Begriff „UX“ stark dem Begriff „HFE“, da beide die Notwendigkeit betonen, das gesamte Spektrum des Nutzererlebnisses zu verstehen, um eine sichere und effektive Nutzung zu gewährleisten. Somit könnte „Nutzererlebnis“ genau wie „nutzerorientiertes Design“ mit „HFE“ synonym verwendet werden. Welchen Begriff man wählt, könnte von den Vorlieben und Normen in einer bestimmten Branche und der Nähe zu der regulatorischen Beratung abhängen.
Benutzeroberfläche (UI)
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Als UI kann ganz einfach alles das gelten, was auf dem Bildschirm eines Geräts zu sehen ist (vorausgesetzt, ein Gerät besitzt einen Bildschirm). Anschließend lässt sich der Begriff unterteilen in „UX-Design“ (Arbeitsabläufe/Nutzererlebnis) und „UI-Design“ (letztendliche Gestaltung). Wir bevorzugen jedoch die ganzheitlichere Definition der FDA: „Die Benutzeroberfläche eines Produkts umfasst alle Berührungspunkte zwischen dem Benutzer und dem Produkt, einschließlich aller Elemente des Produkts, mit denen der Benutzer interagiert“. Außerdem heißt es weiter: „Die Benutzeroberfläche umfasst alle Komponenten, mit denen Benutzer interagieren, während sie das Produkt für die Verwendung vorbereiten (z. B. auspacken, aufstellen, kalibrieren), das Produkt benutzen oder Wartungsmaßnahmen daran vornehmen (z. B. reinigen, Batterie wechseln, Reparaturen vornehmen).“ (FDA)
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Auf Usability.gov findet sich eine ähnliche Definition: „Das UI-Design konzentriert sich darauf, die gewünschten Aktionen der Benutzer vorauszusehen, um dann sicherzustellen, dass die Oberfläche Elemente aufweist, die leicht zugänglich und einfach zu verstehen und zu verwenden sind, um diese Aktionen zu ermöglichen.“ Auf Usability.gov wird die Benutzeroberfläche (UI) bzw. grafische Benutzeroberfläche (GUI) jedoch schlicht definiert als „was der Benutzer sieht“, was zu eng gefasst ist, um mit regulatorischen Definitionen konsistent zu sein und der eigenen Definition der Autoren von „UI-Design“ in gewissem Maße zu widersprechen scheint.
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Um das Versprechen von HFE (bzw. UX) zu erfüllen, muss das UI-Design (bzw. müssen UI-Designer) eine Benutzeroberfläche in ihrer Gesamtheit betrachten, als System aus mehreren Komponenten, das Schulung, Kennzeichnung, Medien und alle anderen Merkmale des physischen (oder digitalen) Produkts selbst einbezieht. Man könnte sagen, dass wir die UI designen, was wir dadurch jedoch erreichen wollen, ist eine großartige Gebrauchstauglichkeit (d. h. eine großartiges Nutzererlebnis).
Industrie-, GUI-, Instruktions- und grafisches Design
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Die Industrial Design Society of America (IDSA) definiert Industriedesign als „die professionelle Gestaltung von Produkten, die tagtäglich von Millionen von Menschen auf der ganzen Welt verwendet werden. Industriedesigner konzentrieren sich nicht nur auf das Erscheinungsbild eines Produkts, sondern auch auf dessen Funktion, seine Herstellung und letztlich darauf, welchen Nutzen und welches Erlebnis es Benutzern bietet.“
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Das klingt stark nach der Definition von „HFE“, die wiederum der Definition von „UX“ sehr ähnelt, welche ihrerseits stark an die Definition von „UI-Design“ erinnert!
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Um bei den bislang besprochenen Begriffen Redundanz zu vermeiden und eine regulatorische Sicht zu übernehmen, betrachten wir Industriedesign primär als Teil der UI. Dabei ist zu bedenken, dass die UI unter anderem „Größe und Form des Produkts“, „Komponenten, die der Benutzer handhabt“, „grafische Benutzeroberflächen von Softwaresystemen“, „Zubehör“ und „Verpackung“ umfassen kann (FDA).
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Auch mit einem abgeschlossenen Industriedesign-Studium bin ich der Auffassung, dass diese Definition die Daseinsberechtigung von ID als separate Disziplin in keiner Weise mindert. Gewisse Aspekte der UI – wie mechanisches Design, Formgebung insgesamt und Styling – bewegen sich traditionell eher im Rahmen von ID. Diese Logik gilt in vergleichbarem Maße für die GUI (grafische Benutzeroberfläche), bei der eingebettete Bildschirme, Apps und zugehörige Arbeitsabläufe sowie grafisches und Instruktionsdesign (Gestaltung von gedruckten oder digitalen Anleitungen und Etikettierungen) kunstvoll verwoben werden. Mitglieder eines Teams sind in der Regel in einer oder mehrerer dieser Disziplinen geschult, wie auch ein Unternehmen und/oder Projekt derartige Fähigkeiten in unterschiedlichem Maße und mit unterschiedlichem Schwerpunkt erfordern kann.
Letztlich sind wir alle bemüht, diese Begriffe nicht zu kritisch zu bewerten. Wie bereits in der ersten Definition von Industriedesign angedeutet, erfordert jegliche Art von Design einen durchdachten Forschungs- und Designprozess für sämtliche Aspekte eines zu entwickelnden Produkts oder Systems. Ebenso kann eine Person, die hauptsächlich in einer dieser Disziplinen geschult ist, mit der Leitung eines multidisziplinären Teams für diesen Prozess beauftragt werden.
Trotz Überschneidungen und Variationen lassen sich die Begriffe grob in zwei Kategorien einteilen – Begriffe, die sich darauf beziehen, wie wir etwas designen (HFE, UX, nutzerorientiertes Design), und Begriffe, die sich darauf beziehen, was wir designen (UI, ID, GUI):
Indem wir diese Ideen mit den regulatorischen und Branchenstandards vergleichen, die für unsere Kunden am wichtigsten sind, erhalten wir einen gemeinsamen Nenner, sozusagen einen Stein von Rosette, der es uns ermöglicht, effektiv zu kommunizieren und zusammenzuarbeiten, ohne dass wir notwendigerweise dieselbe Sprache sprechen.
Cory Costantino ist Design Director der Abteilung Human Factors Research & Design (HFR&D) von Emergo by UL.
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